Lebensstationen & Familie

Zitate

«Wir werden einmal inmitten
vieler Brandungen gemeinsam sehr fest stehen müssen.
Du hast mehr zähe Kraft,
Klarheit
und sicheres Wollen,
als Du Dir selbst zutraust –
nimm sie in beide Hände»

Adam von Trott, 1943

»Ich lese augenblicklich sehr viele Bücher, gute Bücher.
Teils helfen sie mir, teils verwirren sie mich,
denn ich bin zu leicht gewogen,
dieselbe Ansicht zu haben wie der Schriftsteller.

Und zwei Menschen können und dürfen doch nicht die gleichen Anschauungen haben.«

Adam von Trott, 1924

»Europäer, besonders die Intellektuellen,
haben die Gewohnheit,
die Welt in bestimmte moralische und ästhetische Verallgemeinerungen zu pressen und zu denken, die Welt gehöre ihnen.
In Wirklichkeit ist die Welt weit größer, unfassbarer und ganz
gleichgültig gegenüber solchen selbstgefälligen
Vorstellungen.«

Adam von Trott, 1940

» Die Erinnerung an Imshausen,
die Täler und Höhen, den Wald und die Felder,
durch die wir gemeinsam gestreift sind – 
an die Rehe, an all die von Menschenhand unberührten
Bewegungen, Geräusche und Gerüche der Natur haben
mich immer wieder mit Frieden und Freude erfüllt.«

Adam von Trott, 1944

Geschichte des Ortes, Zitate Verbundenheit

Dauer: 01:19 Min

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Lektüre

„Adam von Trott war zeitlebens ein großer und zugleich gründlicher Leser. Auskunft über seine Lektüre geben die erhaltenen Reste seiner Bibliothek, seine Korres­ pondenz sowie verstreute Notizen in seinem Nachlass. Insgesamt lassen sich seine Lektüre und selbst seine Lieblingsbücher nur noch unvollständig ermitteln. Darauf sollte jede Liste oder jede Sammlung hinweisen! Denn auch bei der Auswertung der genannten Quellen ist Vorsicht geboten. Unter den erhaltenen Büchern aus seinem Besitz – vor allem an seinem Stempel erkennbar – findet sich eine ganze Reihe von Geschenken (einige mit Widmungen), die er nicht unbedingt alle gelesen hat (einzelne weisen sogar noch unbeschnittene Seiten auf) und die ihm auch nicht alle zugesagt haben müssen. Dies gilt ebenfalls im Hinblick auf seine brieflichen Reaktionen auf Buchgeschenke, die teilweise von höflich­ freundlicher Dankbarkeit motiviert waren. Wie von etlichen Zeugen bestätigt, hat sich Trott mit Vorliebe über Literatur ausgetauscht. So ist es nicht erstaunlich, dass seine Briefe dies widerspiegeln. Hier finden sich Mitteilungen über seine derzeitige Lektüre, Bücherwünsche, Bitten (z. B. an seine Mutter), ihm Bücher nachzuschicken, Erwähnungen persönlicher Begegnungen mit Schriftstellern und Schriftstellerinnen sowie – am aussagekräftigsten – Buchempfehlungen und eigene Buchgeschenke. Trott war jedoch ein viel zu spontaner Briefschreiber, als dass solche Mitteilungen in seinen Briefen regelmäßig oder gar systematisch enthalten sind.“

1. Belletristik
Was seine belletristischen Lieblingsbücher angeht, so gab es bei Trott – wie bei einem jungen Leser nicht anders zu erwarten – bestimmte Phasen, in denen einzelne Dichter und Schriftsteller vorübergehend große Bedeutung für ihn hatten. Für den 18/19jährigen Adam von Trott waren dies zum Beispiel – nicht untypisch für jene Zeit – Hölderlin und Dostojevskij. Im Juni 1934 schrieb er hingegen (an seine Freundin Diana) über Dostojevskij: »I never seem to have been further from his powerful influence«. Anders im Falle Tolstois, der, einmal von ihm entdeckt, bis zum Schluss einer seiner Lieblingsschriftsteller blieb.

Kennzeichnend für Trott war es, dass er sich aus eigenem Antrieb eine fundierte Bildung mit der Ausrichtung auf die Welt­literatur erwarb. Englische Literatur las er stets in der Originalsprache, französische Literatur nur zu einem kleineren Teil. (Im Balliol College in Oxford wurden auch Französischkenntnisse von ihm erwartet, doch hat er sich später entgegen seinen Plänen nie länger in Frankreich aufhalten können.)

Die Lektüre deutscher Klassiker war für ihn selbstverständlich. Besonders auffallend ist seine umfassende Kenntnis von Goethes Werken, die sich auf alle berühm­ten Dramen, »Werthers Leiden«, »Dichtung und Wahrheit«, »Wilhelm Meister«,
»Die Wahlverwandtschaften«, die früheren Gedichte und die »Schriften über die Natur« erstreckte.
Nicht zuletzt aus seiner eigenen Edition geht hervor, dass er ein vorzüglicher Kenner Kleists war. (Menschen, die ihm besonders wichtig waren, führte er zu Kleists Grab am Wannsee – so etwa 1939 seine Freundin Clarita, der er damals zu­ gleich Kleists Werke schenkte.)

Ein Leseschwerpunkt des jungen Trott war Lyrik, vom 18. Jahrhundert bis zur Gegen­wart. Zu den von ihm geschätzten Dichtern gehörten u. a. Hölderlin, Keats (im engl. Original), Heine, Lenau, Baudelaire, Trakl und T. S. Eliot (im engl. Original).

Eine besondere Vorliebe hatte Trott stets für skurrile, satirische, phantastische, grotesk­bizarre Literatur. Als seine Lieblingsschriftsteller zählten hier u. a. Jonathan Swift, Jean Paul, E.T. A. Hoffmann und Franz Kafka.

Romanen wandte er sich verstärkt erst Mitte der 1930er Jahren zu, und zwar vor­zugsweise den Werken ausländischer Schriftsteller. Dies waren u. a. Fielding, Sterne, die Schwestern Brontë, Hardy und D. H. Lawrence (alle im engl. Original), Stendhal, Balzac und Flaubert sowie Gogol, Turgenjev und der von ihm besonders geschätzte Tolstoi. Im Hinblick auf Thomas Mann ist zu berücksichtigen, dass Trott erst 23 Jahre alt war, als dessen Werke in Deutschland verboten wurden.

Adam von Trott hat sich keineswegs nur der Literatur vergangener Jahrhunderte zugewandt, sondern auch der zeitgenös­sischen – ja, ihm lag daran, Schriftstellern und Schriftstellerinnen persönlich zu begegnen.
Über eine Jugendfreundin wurde er z. B. bei Ernst Jünger eingeführt, was ihn jedoch nicht daran gehindert hat, sich mit dessen Büchern sehr kritisch ausein­anderzusetzen.
Karl Kraus hat er zwar nicht persönlich getroffen, aber als Student in Berlin ihn auf zwei Vortragsabenden erlebt, von denen er tief beeindruckt war. Sehr positiv urteilte er über die Schrift­stellerin Rebecca West, die er 1935 in Hamburg kennenlernte und sich im Jahr danach in London mit ihr traf. Von seinem Treffen mit Upton Sinclair 1937 in Los Angeles hat sich ein Buchgeschenk des Autors mit Widmung erhalten, während von seiner Begegnung mit Ignazio Silone 1939 in New York überliefert ist, dass dieser großen Eindruck auf ihn machte. Die Werke von Sinclair un Silone waren in Deutsch­land verboten.

Selbstverständlich gilt größte Vorsicht, will man Trotts belletristische Lektüre zu deuten versuchen. Dennoch seien einige Beobachtungen angeführt. Typisch für Trott war seine Offenheit für die Werke von Dichtern und Schriftstellern verschiedens­ter Länder. Einen nordischen Schwerpunkt gab es bei ihm indes nicht. Es dürfte kein Zufall sein, dass die seinerzeit sehr berühmten Romane des Hitleranhängers Knut Hamsun bei ihm keine Erwähnung finden. Zu seiner Einstellung passt die Lektüre zweier sehr ausgesprochener Anti­ Kriegsbücher ganz unterschiedlichster Art: Tolstois »Krieg und Frieden« ebenso wie Remarques »Im Westen nichts Neues«. Seiner amerikanischen Kusine Margery schenkte er Silones »Brot und Wein« mit der Bemerkung, dieser Roman werde ihr helfen, die Psychologie der Länder unter dem Faschismus besser zu verstehen.
Jüngers »Auf den Marmorklippen« hat er als Parabel der NS-Zeit aufgefasst, wie denn auch Trotts eigener literarischer Versuch »Ein böser Traum« als solche zu verstehen ist.

2. Sachbücher
Trotts immense Lektüre von Sachbüchern steht zu weiten Teilen im Zusammenhang mit seinen verschiedenen Studien. Nach seinem Jurastudium wandte er sich für sei­ne Dissertation Hegel und der Interpreta­tion seiner Philosophie zu, die er auch nach seiner Promotion für ein geplantes hegel­-kritisches Vorhaben fortsetzte. Zunächst studierte er jedoch in Oxford Philosophie, Politik und Volkswirtschaft und legte in diesen Fächern ein Examen ab. Später hatte er als Rechtsreferendar ein Referat über die Sowjetwirtschaft zu halten, was ihn zu einer vielseitigen Lektüre über die Sowjetunion veranlasste. Nach seinem jurist. Assessorexamen wandte er sich in den nächsten Jahren einem Studium der chinesischen Staatslehre und Staatspraxis zu, wobei er zum Vergleich teilweise auch Japan einbezog. Flankiert wurden diese Studien von der Befassung mit der chine­sischen Philosophie ebenso wie mit den Verhältnissen im China der Gegenwart. Als wäre Trott mit all seinen offiziellen Studien nicht schon genug ausgelastet gewesen, gab es bei ihm daneben noch ein intensives Selbststudium. Dieses galt seit seinem 19. Lebensjahr vornehmlich der Philosophie, der Staatstheorie, der politi­schen und ökonomischen Theorie, der Geschichte und der Politik. Auch der Lite­ratur wandte er sich für seine Kleist­ Edition oder für Rezensionen gezielt zu.
Angesichts dieser Fülle seiner Lektüre von Fachliteratur ist eine Auswahl daraus nicht gerade einfach. Dennoch empfiehlt es sich, einige Bücher – vor allem auf den Gebieten der Philosophie und politischer Theorie – auszustellen. Bei Sachbüchern kann man zwar nicht von »Lieblingsbüchern« sprechen, diese Werke hatten aber zumin­dest zeitweise eine besondere Bedeutung für ihn und sagen Spezifisches über ihn aus.

Dr. Benigna von Krusenstjern

Biografische Kartei

Astor, David

(1912–2001)

Conrad, Helmut

(1910–1964)

Ecke, Gustav

(1896–1971)

Israel, Wilfrid

(1899–1943)

Berlin, Isaiah

(1909–1997)

Braun-Vogelstein, Julie

(1883–1971)

Rowse, Alfred Leslie

(1903–1997)

Kabir, Humayun

(1906–1969)

Bielenberg,
Peter

(1911–2001)

Bielenberg,
Christabel

(1909–2003)

Cripps, Richard Stafford

(1889–1952)

Grant Duff, Shiela

(1913–2004)

Siebert, Hans

(1910–1979)

Bley, Curt

(1910–1961)

Dyer-Bennet, Miriam

(1890–1973)

Gaidies, Hans

Hubback, Diana

(1912–2007)

Alben

Geschwister
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Schulzeit
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Adam von Trott Notizen 1930 ⁄ 31

Trott distanziert sich von Hegels Kriegsphilosophie. Wegweisend sind für Trott das Recht und die dauerhafte Friedenssicherung. »Die Selbstbehauptung des Staates auf dem Wege der Rechtsentwicklung, nicht dem des Krieges ist heute zu erstreben. – Krieg als gerechte Entscheidung des Weltgerichts über die historische Daseinsberechtigung eines Volkes ist heute Absurdität.«
Den Frühling 1931 verbringen Miriam Dyer-Bennet und Adam von Trott gemeinsam in Ponte Tresa am Luganer See (Italien). Hier arbeitet er an seiner Doktorarbeit und ist unzufrieden mit dem Fortgang seiner Arbeit.
»Es wird mir immer klarer, dass es einer Arbeit an mir selbst bedarf, wenn ich in einer äußere adäquat auch nur im kleinsten wirksam werden will.«
»Bedarf ich wirklich einer äusseren Kraft die mich an meinem eigenen Weg festhält? Oder habe ich nur in mir, was mich zusammenhält und fortbestimmt, zu unvollkommen ausgebildet? – [Da es gewiss eine wahre Funktion gibt, in der für mich und die Welt meine Wirksamkeit beschlossen ist und die ich nur" "zu erkennen und mich hinein zu bescheiden habe.] Ich muss meinen Willen – diese wirkliche Charakterangel und -umspannung ausbilden – damit hier die Form wenigstens für den höheren Inhalt festbleibt, wenn auch dieser letztere selbst auf sich warten lässt. Wer sich von all der kleinlichen Quertreiberei beirren lässt, verdient es nicht anders –«
Mit seiner Freundin Miriam Dyer-Bennet diskutiert Adam von Trott seine Studien und Gedanken.
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Astor, David (1912–2001)

David Astor ist ein britischer Journalist und Verleger der Zeitung Observer. Er befreundet sich mit Adam von Trott 1931 in Oxford und unterstützt ihn rückhaltlos in seiner politischen Arbeit während des Nationalsozialismus.​

David Astor wird am 5. März 1912 in London in eine der wohlhabendsten Familien Großbritanniens geboren. Er besucht das Eton College und beginnt 1931 ein Studium am Balliol College in Oxford. Dort lernt er gleich am ersten Tag seinen Kommilitonen Adam von Trott kennen. Es entwickelt sich eine lebenslange Freundschaft. Astor verlässt Oxford 1933 ohne einen Abschluss. Er arbeitet zunächst als Journalist für die Zeitung Yorkshire Post und wechselt dann zum Observer, dessen Herausgeber sein Vater ist.

Nach Adam von Trotts Rückkehr in das nun nationalsozialistische Deutschland im August 1933 halten die beiden engen Kontakt. Im Laufe des Jahres 1939 unterstützt David Astor seinen Freund maßgeblich bei dessen Initiative zum Friedenserhalt in Europa. Auf dem Landsitz seiner Eltern, Cliveden (bei London), verschafft er ihm Zutritt zum innersten Zirkel der britischen Politik. Hier legt Adam von Trott seine NS-Gegnerschaft offen und führt schließlich Gespräche mit Außenminister Lord Halifax und Premierminister Neville Chamberlain, leider ohne große Resonanz.

Nach Kriegsbeginn nutzen die Freunde Adam von Trotts USA-Aufenthalt Ende 1939 für einen intensiven Briefaustausch; David Astor kann Trott nicht überzeugen, im Exil zu bleiben. Als sein Fürsprecher und Kontakt in die politischen Zirkel Großbritanniens empfängt Astor wichtige Dokumente des deutschen Widerstands.

1948 übernimmt Astor die Herausgeberschaft des Observer, aus dem er eine der erfolgreichsten Zeitungen Großbritanniens macht. Sein Leben lang pflegt er den Kontakt und die Freundschaft mit der Familie von Trott und hält die Erinnerung an seinen Freund Adam von Trott wach.

David Astor stirbt am 7. März 2001 in London.

Conrad, Helmut (1910–1964)

Helmut Conrad ist Jurist und Mitglied der SPD. Mit Adam von Trott verbindet ihn das Interesse am Sozialismus.

Helmut Conrad wird am 10. April 1910 als Sohn einer Arbeiterfamilie geboren und wächst in Waldersee bei Dessau auf. Als Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes studiert er Jura in Halle und ist Mitglied der SPD sowie der Sozialistischen Studentenschaft. Ein Diskussionsbeitrag Adam von Trotts auf einer Tagung der Berliner Sozialistischen Studentenschaft macht Helmut Conrad 1932 auf ihn aufmerksam. Die beiden entwickeln eine Freundschaft mit einem regen Austausch über Philosophie und Politik.

Nach dem Verbot der SPD am 22. Juni 1933 flieht Helmut Conrad vor der nationalsozialistischen Verfolgung zunächst nach Südfrankreich. Versuche Trotts, ihm ein Stipendium in England zu verschaffen, bleiben erfolglos. Conrad kehrt bereits im Herbst 1933 nach Deutschland zurück. Aufgrund seiner politischen Gegnerschaft wird er aus der Studienstiftung ausgeschlossen, sodass er sein Jurastudium im nationalsozialistischen Deutschland nicht beenden kann. Trott unterstützt den in seinen Heimatort zurückgekehrten Conrad finanziell. 1939 wird Conrad zur Wehrmacht eingezogen. Die beiden tauschen sich noch bis ins Jahr 1944 über ihre politische und persönliche Situation aus.

Helmut Conrad bleibt sein Leben lang mit Clarita von Trott und ihren Töchtern freundschaftlich verbunden.

Ecke, Gustav (1896–1971)

Gustav Ecke ist ein deutscher Kunsthistoriker. Während seines Chinaaufenthalts 1937/38 wohnt Adam von Trott einige Monate bei ihm in Beijing.

Gustav Ecke wird am 13. Juni 1896 in Bonn geboren. Nach dem Einsatz im Ersten Weltkrieg studiert er Kunstgeschichte und Romanistik. Ecke gründet im Kontext der Jugendbewegung den Nibelungenbund. Diesem tritt Adam von Trott in seiner Kasseler Schulzeit bei. Bereits 1923 wird Gustav Ecke Professor für Europäische Philosophie an der Universität Amoy in Fujian und geht dauerhaft nach China. 1928 bekommt er eine Professur für Kunstgeschichte an der Tsinghua University in Beijing.

Als Trott 1935, desillusioniert über seine beruflichen Aussichten im nationalsozialistischen Deutschland, Überlegungen für eine Chinareise anstellt, lädt ihn Ecke zu sich nach Beijing ein. Während seines Aufenthalts in Beijing ab Oktober 1937 wohnt Trott im Haus seines Freundes. Obwohl sie keine politischen Ansichten teilen, ist ihr Verhältnis von Sympathie und Vertrauen geprägt. Über Gustav Ecke erhält Adam von Trott wichtige Einblicke in die ostasiatische Philosophie und Kunst.

1945 heiratet Gustav Ecke die Künstlerin und Wissenschaftlerin Tseng Yu-ho. 1949 ziehen die beiden nach Hawaii, wo Ecke Kurator für Asiatische Kunst an der Honolulu Academy of Arts wird.

Er stirbt am 17. Dezember 1971.

Israel, Wilfrid (1899–1943)

Wilfrid Israel ist ein deutsch-britischer Unternehmer. Er verhilft rassistisch verfolgten Jüdinnen*Juden zur Flucht aus dem nationalsozialistischen Deutschland. Er und Adam von Trott befreunden sich während Trotts Rechtsreferendariats in Berlin.

Wilfrid Israel wird am 11. Juli 1899 in London (Großbritannien) geboren und wächst in Berlin auf.

Dort betreibt seine Familie das 1815 gegründete Kaufhaus »Nathan Israel«. 1928 übernimmt er zusammen mit seinem Bruder die kaufmännische Leitung der Firma.

Adam von Trott und der zehn Jahre ältere Wilfrid Israel begegnen sich Anfang 1935 in Berlin. Israel, der Asien bereist hat, wird prägend für Trotts Interesse an China. Die beiden stimmen in den wesentlichen politischen Positionen überein. So stellen sich beide einer Gleichsetzung von Deutschen und Nationalsozialist*innen entgegen und glauben an sozialistische Reformen sowie die Vision einer europäischen Konföderation. Wilfrid Israel ist in dieser Zeit erheblichen Schikanen und dem rassistischen Antisemitismus der Nationalsozialisten ausgesetzt. 1933 gründet und finanziert Israel mehrere Organisationen zur Unterstützung jüdischer Flüchtlinge. Nach den Pogromen vom 9. November 1938 ist er an der Organisation der sogenannten Kindertransporte nach Großbritannien beteiligt. Das Kaufhaus wird verwüstet und das Unternehmen an die Emil Köster AG abgeben, die allerdings – von den Nazis unbemerkt – einem jüdischen Geschäftsmann im Exil gehört. Israel emigriert nach London und setzt sich bei der britischen Regierung für jüdische Flüchtlinge ein.

Am 1. Juni 1943, auf dem Rückflug von einer Rettungsaktion für jüdische Flüchtlinge nach Palästina, wird er von der deutschen Luftwaffe abgeschossen. Ob Adam von Trott von seinem Tod erfährt, ist nicht bekannt.

Berlin, Isaiah (1909–1997)

Isaiah Berlin gehört zu den wichtigsten Philosophen des Liberalismus im 20. Jahrhundert. Adam von Trott und Isaiah Berlin lernen sich in Oxford kennen. Sie verbindet das Interesse an politischer Philosophie. Isaiah Berlin wird am 6. Juni 1909 in eine jüdische Familie in Riga (Russland, heute: Lettland) geboren. Im Ersten Weltkrieg ziehen er und seine Eltern nach St. Petersburg, wo Berlin 1917 den Untergang des Zarenreichs in der Februarrevolution und die Machtergreifung der Bolschewisten in der Oktoberrevolution erlebt. Diese Ereignisse hinterlassen einen bleibenden Eindruck auf ihn und sein politisch-philosophisches Denken. Sie kehren nach dem Kriegsende zunächst nach Riga zurück, um dann im Angesicht eines zunehmenden Antisemitismus 1919 nach Großbritannien zu emigrieren.

Nach einer Schulausbildung an der St. Paul’s School in London studiert Isaiah Berlin an der Universität Oxford. Er wird 1932 Fellow am All Souls College der Oxford University, die Zeit seines Lebens seine akademische Heimat bleibt.

In Oxford lernt er den fast gleichaltrigen Adam von Trott kennen. Die beiden führen viele Gespräche über Philosophie und Politik. Einen Dämpfer erhält die Freundschaft, als sich Adam von Trott während seines Rechtsreferendariats in einem Leserbrief an den Manchester Guardian im Februar 1934 gegen den pauschalen Vorwurf des Antisemitismus als »Werk des gebildeten Deutschlands« wendet. Trott leidet unter der in Großbritannien häufigen Gleichsetzung zwischen deutsch und nationalsozialistisch, die der NS-Regimegegner ungerecht findet.

Nichtsdestotrotz unterschätzt er in dieser Zeit das Ausmaß des rassistischen Antisemitismus im nationalsozialistischen Deutschland.

Trotz unterschiedlicher Perspektive halten Adam von Trott und Isaiah Berlin jahrelang Briefkontakt und tauschen Literatur aus. Bei einer Englandreise Trotts im Februar 1939 sehen sie sich zum letzten Mal. Adam von Trott teilt ihm offen seine politische Haltung zum Nationalsozialismus mit und warnt vor einer weiteren deutschen Expansion.

Während des Zweiten Weltkriegs arbeitet Berlin für den British Information Services in New York sowie an der britischen Botschaft in Washington D.C. und beobachtet die amerikanische Politik und öffentliche Meinung.

Seine gesamte Rigaer Verwandtschaft wird im Holocaust ermordet. 1946 kehrt Berlin nach Oxford zurück und arbeitet als Philosoph und Professor.

Isaiah Berlin stirbt am 5. November 1997 in Oxford.

Braun-Vogelstein, Julie (1883–1971)

Julie Vogelstein wird am 26. Januar 1883 in Stettin (heute: Szczecin, Polen) geboren. Sie studiert Archäologie, Kunstgeschichte, Geschichte und Philosophie und promoviert in Heidelberg. 1920 heiratet sie den sozialdemokratischen Politiker Heinrich Braun, der bereits 1927 stirbt. Neben eigenen Veröffentlichungen gibt sie die Werke der Frauenrechtlerin Lily Braun, der verstorbenen ersten Frau ihres Mannes, sowie die Schriften des im Ersten Weltkrieg gefallenen Sohnes der beiden heraus. 1932 veröffentlicht Braun-Vogelstein eine Biografie ihres Mannes, die kurz darauf von den Nationalsozialisten verboten wird.

Aufgrund seines Interesses an ihren Publikationen nimmt Adam von Trott Kontakt mit Julie Braun- Vogelstein auf. Geeint in ihrer Opposition zum Nationalsozialismus entsteht schnell eine Freundschaft. In ihrem Haus in Kleinmachnow, wo sie mit ihrer Nichte Hertha Vogelstein lebt, treffen sich zeitweise NS-Gegner*innen. Die beiden Frauen erleben persönlich den zunehmenden Antisemitismus und die Entrechtung von Jüdinnen*Juden in Deutschland. So werden sie von Hausangestellten erpresst und aufgrund falscher Vorwürfe denunziert. In dieser Situation unterstützt Trott sie juristisch und freundschaftlich. Er bestärkt beide Frauen in ihrem Entschluss zur Emigration. Über Paris brechen sie im März 1936 ins amerikanische Exil auf.

Adam von Trott und Julie Braun-Vogelstein pflegen einen herzlichen Briefkontakt. Während seines USA- Aufenthalts 1937 besucht er sie für einige Wochen in ihrem Haus an der kalifornischen Küste. Bei ihrem letzten Treffen Ende 1939 in New York will Braun- Vogelstein Trott überzeugen, im Exil zu bleiben. Aber er hat sich bereits zur Rückkehr nach Deutschland entschieden.

Julie Braun-Vogelstein lebt später in New York, wo sie am 6. Februar 1971 stirbt.

Rowse, Alfred Leslie (1903–1997)

Alfred Leslie Rowse ist ein britischer Historiker und Autor. Adam von Trott und er teilen ein Interesse an Literatur, Philosophie und Politik.

Alfred Leslie Rowse wird am 4. Dezember 1903 in Cornwall (Großbritannien) geboren und wächst dort in einer Arbeiterfamilie auf. Ein Stipendium ermöglicht ihm den Schulbesuch und ein anschließendes Geschichtsstudium am Christ Church College in Oxford. Nach seinem Abschluss arbeitet er dort seit 1927 als Dozent.

Bei seinem ersten Studienaufenthalt in Oxford ist Adam von Trott zu Gast bei Rowse, der sich offen zu Trott hingezogen fühlt. Die beiden entwickeln eine Freundschaft, basierend auf einem intensiven Austausch über Literatur, Philosophie und Politik. Auch besucht Rowse Trott während seiner Studienzeit in Berlin. Das politische Interesse am Sozialismus verbindet die beiden; die Gespräche mit Rowse prägen den 20-jährigen Trott.

Wie Adam von Trott 1933 befürchtet, führt die zunehmende politische Spannung in Europa bald zu einer Entfremdung zwischen Trott und vielen seiner britischen Freund*innen. An Trotts oppositioneller Haltung zum NS-Regime wird gezweifelt; ihn verletzt das Misstrauen und die pauschale antideutsche Stimmung. Auch Rowse zieht sich bereits ab 1935 zurück und geht Trott bei seinem letztem Besuch in England im Juni 1939 regelrecht aus dem Weg.

Rowse kandidiert in den 1930er Jahren erfolglos für die Labour Party und verurteilt zeitlebens die Appeasement-Politik gegenüber dem nationalsozialistischen Deutschland.

Er wird als Historiker, Dichter und Autor bekannt und veröffentlicht fast einhundert Bücher. Nach einer jahrzehntelangen Lehrtätigkeit in Großbritannien und den USA zieht er 1973 nach Cornwall, wo er am 3. Oktober 1997 stirbt.

Kabir, Humayun (1906–1969)

Humayun Kabir ist ein indischer Schriftsteller und Politiker. Er ist ein Freund Adam von Trotts aus der Studienzeit in Oxford.

Humayun Kabir wird am 22. Februar 1906 in Komarpur, Bengalen (Indien) geboren. Er studiert zunächst Anglistik in Kalkutta. 1928 geht er zum Studium an das Exeter College an die Oxford University. Dort lernen er und Adam von Trott sich 1929 kennen. Als Kabir im Sommer desselben Jahres zeitweise an der Universität Göttingen studiert, vermittelt Trott ihm Kontakte zu Bekannten und seiner Familie. Kabir besucht einige Male die Trotts in Imshausen.

Der Austausch mit Humayun Kabir bestärkt Adam von Trotts Interesse an Indien und seine Sympathie für den indischen Unabhängigkeitskampf. Im Oktober 1931 treffen sich die beiden auf einer Diskussions- veranstaltung mit Mahatma Gandhi in Oxford. Sie haben regelmäßigen Briefkontakt. 1938 planen sie eine gemeinsame Indienreise, die allerdings wegen der vorgezogenen Rückreise Trotts aus China nach dem Tod seines Vaters ausfällt.

Kabir tritt 1931 dem Indischen Nationalkongress bei. Nach der Unabhängigkeit Indiens 1947 bekleidet er verschiedene Regierungsämter und ist Gewerkschaftspolitiker. Neben seiner politischen Laufbahn lehrt er als Professor in Indien, Großbritannien und den USA und betätigt sich als Dichter, Romanautor, Essayist und Herausgeber.

Humayun Kabir stirbt am 18. August 1969 in Kalkutta, Westbengalen.

Bielenberg, Peter (1911–2001) Bielenberg, Christabel (1909–2003)

Christabel und Peter Bielenberg befreunden sich mit Adam von Trott 1935 in Hamburg. Sie verbindet die Gegnerschaft zum nationalsozialistischen System.

Peter Bielenberg wird am 13. Dezember 1911 in Hamburg geboren. Er studiert ab 1930 Jura. Von Anfang an ist er ein Gegner des Nationalsozialismus; so verweigert er während seines Referendariats einen Eid auf Adolf Hitler. 1934 heiraten er und die englisch-irische Christabel Burton. Sie wird am 18. Juni 1909 in London geboren und studiert in Hamburg Gesang.

Zwischen Adam von Trott, Christabel und Peter Bielenberg entsteht in dieser Zeit schnell eine Freundschaft, zumal die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus sie eint. Trott überzeugt Peter Bielenberg, in Berlin von innen heraus gegen das NS-Regime zu kämpfen. Daraufhin verlässt Bielenberg die väterliche Anwaltskanzlei in Hamburg und tritt in das Wirtschaftsministerium in Berlin ein.

Er hilft seinem Freund bei der Abfassung des Berichts über Trotts Englandreise im Juni 1939. Der Bericht soll Hitler überzeugen, dass die Briten weitere Expansionen nicht zulassen, sondern als Kriegsgrund betrachten werden. Die Wohnung von Christabel und Peter Bielenberg dient wiederholt als Treffpunkt der Regimegegner*innen; zum engeren Kreis des Widerstands gehören sie aber nicht.

Nach dem Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 wird Peter Bielenberg verhaftet. Er soll Informationen über befreundete Widerstandskämpfer preisgeben. Nach Insistieren seiner Frau wird er im Februar 1945 aus dem KZ Ravensbrück entlassen und an eine Strafeinheit der Wehrmacht überstellt. Er desertiert aber zu Christabel und den Kindern in den Schwarzwald und versteckt sich dort bis zum Kriegsende.

1947 siedelt die Familie nach Irland um, wo sie fortan als Landwirte leben. Sie halten Kontakt zu den Familien der Widerstandskämpfer. Peter Bielenberg stirbt am 12. März 2001 in Wexford, Irland, Christabel Bielenberg am 2. November 2003.

Cripps, Richard Stafford (1889–1952)

Richard Stafford Cripps ist ein britischer Jurist, Politiker der Labour Party und christlicher Sozialist. Für Adam von Trott ist er ein politischer Mentor, Diskussionspartner und wichtiger Kontakt in die britische Politik.

Richard Stafford Cripps wird am 24. April 1889 in London (Großbritannien) geboren. Er studiert Jura, tritt nach dem Ersten Weltkrieg der Labour Party bei und wird 1931 Abgeordneter im Unterhaus. Nach seiner Erhebung in den Ritterstand nennt er sich Sir Stafford Cripps.

Adam von Trott lernt den überzeugten Sozialisten 1932 über dessen Sohn, seinen Oxforder Studienkollegen John Cripps, kennen. Er befreundet sich mit dem Ehepaar Cripps. Auf seinen Besuchen tauschen er und Cripps sich über die politische Situation in Europa und Deutschland sowie die Labour-Bewegung aus. Cripps wird ein wichtiger Mentor für Trott.

Sir Stafford Cripps ist entschiedener Gegner der britischen Appeasement-Politik. Während seiner Friedensinitiative in London im Juni 1939 berät Adam von Trott sich mit ihm über Möglichkeiten, den Krieg noch abzuwenden. Cripps scheitert mit seinen Plänen einer Volksfront aller britischen Parteien gegen die Appeasement-Politik und das NS-Regime.

1940 ernennt der neue Premierminister Winston Churchill Cripps zum britischen Botschafter in der Sowjetunion. Nach seiner Rückkehr 1942 wird Cripps aufgrund seiner Verhandlungserfolge in der Sowjetunion von der britischen Öffentlichkeit als Churchills maßgeblicher politischer Konkurrent wahrgenommen. Er ist Mitglied des Kriegskabinetts und Leader im Unterhaus (House of Commons) der britischen Regierung.

Im Frühjahr 1942 übergibt Willem Visser’t Hooft, Kontaktmann des deutschen Widerstands, Sir Stafford Cripps persönlich die von Trott mitverfasste Denkschrift des deutschen Widerstands. Cripps kann das Memorandum Churchill vorlegen. Doch, dessen Anweisung der »Absolute Silence« gegenüber allen deutschen Kontaktversuchen folgend, gibt es kein weiteres Signal. Wie der Premierminister vertritt auch Cripps die Ansicht, dass eine vollständige und bedingungslose Niederlage Deutschlands notwendig sei. Trotzdem setzt er sich bei Außenminister Anthony Eden wiederholt für die Glaubwürdigkeit Trotts ein. Obwohl in der Folgezeit der Kontakt zu Cripps abbricht, fühlt sich Adam von Trott weiterhin dem britischen Freund verbunden.

Sir Richard Stafford Cripps stirbt am 23. April 1952 in Zürich.

Grant Duff, Shiela (1913–2004)

Shiela Grant Duff ist eine britische Journalistin. Sie und Adam von Trott lernen sich Anfang der 1930er Jahre in Oxford kennen und führen bis 1939 einen intensiven Briefwechsel über die politische Situation in Europa.

Shiela Grant Duff wird am 11. Mai 1913 in London (Großbritannien) geboren. Ihr Vater stirbt im Ersten Weltkrieg. Seit ihrer gemeinsamen Schulzeit ist Shiela Grant Duff mit Diana Hubback befreundet. Ab 1931 studiert sie an der Lady Margaret Hall der University of Oxford. In Oxford lernt sie über Diana Hubback Adam von Trott kennen. Auch nach Ende des Studiums schreiben sich die beiden Briefe und besuchen sich wiederholt.

Shiela Grant Duff wird Journalistin und arbeitet zeitweise im Pariser Büro der Chicago Daily News. Als sie Trott im Herbst 1935 in Deutschland besucht, macht er ihr spontan einen Heiratsantrag, den sie jedoch ablehnt. Die beiden sind aber weiterhin eng verbunden. Im Sommer 1936 wird Grant Duff Auslandskorrespondentin für den Observer in Prag. Ihr 1938 veröffentlichtes Buch Europe and the Czechs macht sie bekannt, da es zeitgleich zur tschechoslowakischen Zwangsabtretung der Sudetengebiete an NS-Deutschland erscheint. Sie ist über die Stimmungslage in Europa durch ihre journalistische Arbeit bestens informiert und vertritt schon vor dem Münchner Abkommen 1938 die Haltung des Anti-Appeasement um Winston Churchill gegen die Expansionspolitik der Nationalsozialisten.

Die Freundschaft zwischen Shiela Grant Duff und Adam von Trott wird zunehmend von politischen Auseinandersetzungen überschattet. Von seiner Tätigkeit im Widerstand weiß sie nur wenig. In seinen letzten Briefen vor Kriegsbeginn kritisiert Trott sie für ein mangelndes Verständnis hinsichtlich seiner Situation als Regimegegner in Deutschland. Sie versteht das als Beendigung ihrer Freundschaft; doch er zeigt sich versöhnlich und benennt sie sogar in seinem Testament.

Shiela Grant Duff arbeitet nach dem Krieg als Autorin und betreibt mit ihrem Ehemann eine Landwirtschaft. Sie stirbt am 19. März 2004.

Siebert, Hans (1910–1979)

Hans Siebert ist Kommunist und Pädagoge. Als er 1933 aufgrund seiner politischen Tätigkeit inhaftiert wird, setzt sich Adam von Trott für ihn ein und verhilft ihm schließlich zur Emigration.

Hans Siebert wird am 20. Juli 1910 in Niedervellmar bei Kassel geboren. Seine Ausbildung absolviert er an der Pädagogischen Akademie in Kassel und arbeitet danach als Volksschullehrer. 1931 tritt er in die KPD ein. Im Februar 1933, mit Beginn der NS-Diktatur, wird er aus politischen Gründen aus dem Schuldienst entlassen und wegen illegaler politischer Betätigung zu zwei Jahren Haft verurteilt. Er sitzt im Zuchthaus Kassel-Wehlheiden ein. Adam von Trott soll als Rechtsreferendar ein Gutachten über ihn anfertigen. Er versorgt den Häftling mit Lebensmitteln und im NS-Staat verbotener Literatur, die sie miteinander diskutieren. Trott schreibt außerdem eine riskante positive Beurteilung, um Siebert zu helfen. 1935 wird Hans Siebert aufgrund eines weiteren Einsatzes Adam von Trotts aus dem KZ Lichtenburg bei Torgau entlassen. Siebert bleibt aber unter intensiver Beobachtung durch die Gestapo.

Auch in den nächsten Monaten unterstützt Adam von Trott Siebert, der zeitweise bei ihm wohnt. Schließlich geht er im September 1936 mit seiner Freundin Li Monnart nach Großbritannien. Dort werden sie von Trotts Freund*innen und deren Familien aufgenommen. Siebert engagiert sich hier in verschiedenen Exilorganisationen weiterhin politisch. Bei Kriegsausbruch wird er kurzzeitig interniert.

Nach Kriegsende geht Siebert in die Sowjetische Besatzungszone. Er prägt die sozialistische Pädagogik der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) im Ministerium für Volksbildung. Von 1960 bis 1970 ist er Professor für Pädagogik an der TH Dresden. Er stirbt am 7. April 1979 in Dresden.

Bley, Curt (1910–1961)

Curt Bley ist Jurist, Sozialist und NS-Widerstandskämpfer. Adam von Trott und Curt Bley verbindet eine politische Freundschaft, geprägt durch die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus.

Curt Bley wird am 19. April 1910 in Wittenberg geboren. Er studiert Rechtswissenschaften und engagiert sich in der SPD sowie in mehreren sozialistischen Organisationen. Er arbeitet als Journalist für die Neuen Blätter für den Sozialismus, in deren Umfeld er Adam von Trott kennenlernt. Bley gehört 1932 zu den Gründungsmitgliedern des Roten Stoßtrupps, einer linkssozialistischen Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus. Ende 1933 werden viele Mitglieder des Roten Stoßtrupps von der Gestapo verhaftet und zu langen Gefängnisstrafen verurteilt. Bley kommt jedoch davon, da er die politische Aktivität wegen seines juristischen Staatsexamens kurzzeitig unterbrochen hat. Ab 1934 organisiert Bley Hilfsmaßnahmen für die inhaftierten Widerstandskämpfer, über die er sich auch mit Adam von Trott austauscht.

Während des Krieges arbeitet Curt Bley zunächst in der Rechtsabteilung eines Pharmaunternehmens und erhält dann durch Vermittlung Trotts eine Anstellung beim Auswärtigen Amt. Der NSDAP tritt er nicht bei. Im Mai 1943 meldet er sich zum Militärdienst und wird kurz vor Kriegsende verletzt. Curt Bley besucht Adam von Trott, der auf seine Verhaftung wartet, noch am 23. Juli 1944 in dessen Berliner Wohnung und leistet ihm Beistand. Zwei Tage später wird Trott verhaftet. Nach Kriegsende wird Curt Bley zunächst leitender Redakteur der Zeitung Die Welt. Später arbeitet er als Rechtsanwalt am Oberlandesgericht Bremen. Er stirbt am 4. Februar 1961 in Bonn.

Dyer-Bennet, Miriam (1890–1973)

Miriam Dyer-Bennet ist eine US-amerikanische Germanistin und Hochschullehrerin. Mit ihr führt Adam von Trott die erste wichtige Liebesbeziehung seines Lebens.

Miriam Wolcott Clapp wird 1890 in Illinois (USA) geboren und wächst in Berkeley, Kalifornien, auf. Nach ihrem Collegeabschluss heiratet sie den britischen Offizier Richard Dyer-Bennet und bekommt fünf Kinder. Als ihr Ehemann Mitte der Zwanzigerjahre die Familie verlässt, kehrt Dyer- Bennet mit den Kindern nach Kalifornien zurück, wo sie ein Studium der Philosophie und Germanistik beginnt.

Im Rahmen dieses Studiums hält sie sich für einige Semester in Göttingen auf, wo sie im Mai 1930 dem 20-jährigen Adam von Trott begegnet. Ihre Liebesbeziehung wird eine der prägendsten in beider Leben. Trott lebt mit ihr und ihren Kindern in Göttingen zusammen, sie besuchen seine Familie in Imshausen und unternehmen einige Reisen gemeinsam. Im Juni 1931 beendet Dyer-Bennet wie geplant ihren Studienaufenthalt in Deutschland und kehrt mit ihren Kindern nach Kalifornien zurück – für beide ein trauriger Abschied.

Als sie im Sommer 1932 erneut nach Deutschland zurückkehrt, um in Berlin Philosophie zu studieren, wird ihre Beziehung zunehmend konfliktbehaftet. Sie trennen sich und Dyer-Bennet kehrt vorzeitig im Frühjahr 1933 nach Kalifornien zurück. Sie beginnt dort eine Lehrtätigkeit in German and Social Studies. Die beiden bleiben verbunden, verbringen im Frühjahr 1937 in Kalifornien Zeit zusammen und sehen sich hier auch noch einmal im Januar 1940. Dabei weiht er sie in sein Vorhaben ein, gegen das NS-Regime zu kämpfen, und sagt ihr, dass er nicht mit seinem Überleben rechne.

Miriam Dyer-Bennet stirbt 1973 in den USA.

Gaidies, Hans

Hans Gaidies ist ein Berliner Student, Arbeiter und Sozialist. Er führt Adam von Trott in Berlin 1929 in sozialistische Organisationen und Diskussionsgruppen ein.

Adam von Trott lernt den etwa 30 Jahre alten Hans Gaidies auf einer Tagung in Liverpool (Großbritannien) im Januar 1929 kennen. Gaidies kommt aus einer Arbeiterfamilie. Er ist Bauarbeiter und finanziert sich dadurch sein Studium. Als Sozialist ist er in mehreren sozialistischen Organisationen und bei der SPD aktiv.

Während Adam von Trotts Studienzeit in Berlin 1929 führt Hans Gaidies ihn in seinen Sozialistischen Arbeiterkreis ein, an dessen Diskussionsrunden Trott bald ständig und begeistert teilnimmt. Gaidies bestärkt sein Interesse am Sozialismus und seine Anteilnahme an den Belangen der Arbeiter*innenschaft. Gaidies nimmt ihn zu politischen Veranstaltungen mit. Hier lernt Adam von Trott auch seine Freunde Helmut Conrad und Curt Bley kennen. Nach Trotts Weggang aus Berlin halten die beiden zunächst Briefkontakt. Hans Gaidies informiert ihn über die im Zuge der Weltwirtschaftskrise in Berlin herrschende Arbeitslosigkeit und Verelendung sowie die eskalierende politische Lage mit dem Erstarken des Nationalsozialismus. Außerdem tauschen die beiden sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Literatur aus.

Trott nimmt Anteil an den Geldsorgen Gaidies und unterstützt ihn gemeinsam mit Miriam Dyer-Bennet finanziell. Hans Gaidies erhält schließlich ein Stipendium der Abraham-Lincoln-Stiftung in Berlin, die mittels Stipendien von 1927 bis 1934 versucht, junge Demokraten in Deutschland zu unterstützen. Über sein weiteres Leben ist wenig bekannt. Wahrscheinlich emigriert er in die USA.

Hubback, Diana (1912–2007)

Diana Hubback ist eine Freundin Adam von Trotts aus der Oxforder Studienzeit. Sie haben jahrelang engen Briefkontakt.

Diana Hubback wird 1912 in London (Großbritannien) geboren. Ihr Vater stirbt im Ersten Weltkrieg, ihre Mutter Eva Hubback ist eine bekannte Frauenrechtlerin und Sozialreformerin. Diana Hubback studiert mit ihrer Freundin Shiela Grant Duff an der Lady Margaret Hall der University of Oxford. Sie lernt dort 1931 im Labour Club Adam von Trott kennen. Die beiden verbindet die Liebe zur Natur, Literatur und Kunst. Im Sommer 1932 bricht Diana Hubback ihr Studium ab und beginnt bei einer Londoner Werbeagentur zu arbeiten. Trott und sie führen zeitweise eine Liebesbeziehung; in den kommenden Jahren besucht sie ihn mehrmals in Deutschland.

Auch nach Ende ihrer Beziehung pflegen beide weiterhin ihre Freundschaft. Ihr Briefwechsel ist von einer tiefen Wertschätzung und einem gegenseitigen Vertrauen durchzogen. Nach seiner Rückkehr aus Oxford 1933 berichtet Adam von Trott ihr wiederholt von der politischen Situation und seinen Schwierigkeiten im nationalsozialistischen Deutschland. Auch während seiner Auslandsaufenthalte halten sie Kontakt. So teilt er ihr auf seiner Rückfahrt aus China seine Bestürzung nach dem Novemberpogrom 1938 mit.

Sie und ihr Ehemann David Hopkinson bleiben der Familie von Trott freundschaftlich verbunden. Diana Hopkinson stirbt 2007 im englischen Guildford.

Die Eltern

Eleonore von Trott

geb. von Schweinitz (1875—1948)

Eleonore von Schweinitz wird 1875 in Wien geboren und wächst zusammen mit neun Geschwistern in St. Petersburg auf.

Eleonore von Trott, 1917
Eleonore von Trott, 1899

Eleonore fällt früh durch ihre Entschlossenheit auf. Mit großer Leidenschaft vertritt sie ihre Überzeugungen und engagiert sich ihr Leben lang ehrenamtlich im christlich-sozialen Bereich, vor allem in der ökumenischen Bewegung. 1901 heiratet sie den Kasseler Regierungspräsidenten August von Trott. Sie bevorzugen einen einfachen Lebensstil, ohne viel Dienstpersonal. Eleonore von Trotts Interesse an Menschen und dem Weltgeschehen findet in der Abgeschiedenheit Imshausens manchmal wenig Resonanz. Umso mehr genießt sie den Austausch mit ihren älteren Kindern und deren Freund*innen.

Botschafter

Hier ist ihr Vater Botschafter des Deutschen Kaiserreiches. Ihre Mutter, Anna Jay, ist Amerikanerin und eine direkte Nachfahrin von John Jay, einem der sog. Gründerväter der Vereinigten Staaten, der sich vehement für die Beseitigung der Sklaverei einsetzt.

Familie von Schweinitz auf einer Datscha bei St. Petersburg, Eleonore ganz links, 12. August 1889
August von Trott, um 1912

August von Trott

(1855 – 1938)

1855 wird August von Trott in Imshausen geboren. Er bleibt das einzige Kind seiner Eltern Sophie und Werner von Trott, der bereits 1858 mit 39 Jahren schwer erkrankt und stirbt. August studiert Jura und beginnt eine Verwaltungslaufbahn.

August von Trott als Landrat in Marburg, 1893

Der Landrat

1899 wird er Regierungspräsident in Kassel und lernt Eleonore kennen.

Nach ihrer Heirat ziehen sie 1905 mit ihren zwei kleinen Kindern Werner und Irene nach Potsdam, wo August von Trott eine Stelle als Oberpräsident der Provinz Brandenburg antritt.
Kurz nach Adams Geburt 1909 zieht die Familie nach Berlin um, da der Vater zum preußischen Kultusminister berufen wird.

Eleonore und August von Trott, um 1901

August von Trott versteht sich als konservativer und traditionsbewusster Staatsdiener, steht dem deutschen Militarismus des Wilhelminischen Kaiserreichs aber fern. Aufgrund der Reformbestrebungen des preußischen Dreiklassenwahlrechts hin zu einem gleichen Wahlrecht für Männer, die August von Trott ablehnt, tritt er im Juli 1917 als Kultusminister zurück und wird Oberpräsident der Provinz Hessen-Nassau in Kassel. Nach der Novemberrevolution lässt sich der Monarchist auf eigenen Wunsch in den Ruhestand versetzen, den er im Kreise seiner Familie in Imshausen genießt:

»Wer ein Leben lang für das Königtum, für Kaiser und Reich eingetreten ist, wer darin sein politisches Ideal erblickt hat, (…) dem wird man nicht verdenken dürfen, wenn er den brennenden Schmerz über das Verlorene nicht überwinden kann.« — August von Trott, 28. März 1919

August von Trott (mit Zylinder) mit Kaiser Wilhelm II. bei der Einweihung der Erlöserkirche in Gerolstein, 15. Oktober 1913

Kindheit

Adam wird am 9. August 1909 in Potsdam geboren. Kurz darauf zieht die Familie des neuen Kultusministers August von Trott nach Berlin.

Adam, 1910
Werner, Vera (hinten), Ursula und Adam (vorne), 1910

Adam und seine Geschwister wachsen privilegiert auf. Da ihre Eltern sehr beschäftigt sind, kümmert sich auch eine britische Kinderfrau um die Kleinen. Die liebevolle Nurse muss bei Kriegsausbruch 1914 heimkehren – für den gerade fünfj.hrigen Adam ein erster Verlust.

Die britische Kinderfrau Louisa Barrett mit Adam (links) und Monika, um 1913
August von Trott beim Pferdchenspielen mit Adam, 1913
Eleonore mit Ursula, Adam, Vera und Werner (v. l.) in Imshausen, 1910

Die Sommermonate verbringen Eleonore und ihre Kinder zumeist auf dem Familiensitz Imshausen. Sie genießen das freie Umherschweifen und Spielen in der Natur.

Werner, Vera, Ursula, Monika, Adam (v. l.), um 1914
Monika, Ursula (o.), Vera und Adam (von links), um 1917
Eleonore, Heinrich, Monika, Adam, Ursula, Vera, Werner (v. l.) in Imshausen, 1921
Ursula und Adam in Imshausen, um 1917

1915 beginnt für Adam die Schule, zuerst in Berlin, später – mit einem weiteren Umzug 1917 – in Kassel. Das Ende der Monarchie und die Novemberrevolution 1918, für die Eltern ein tiefer Schlag, beschreibt Adam rückblickend als Erleben einer Zeit, »in der wirklich alles, was bisher als sicher galt, auf einmal zweifelhaft erschien.«

Adam, um 1923

Zwei Jahre lang, von 1919 bis 1921, genießt Adam es, ständig in Imshausen zu leben und im Dorf und Wald seine eigenen Wege zu gehen. Er wird gemeinsam mit seinen Schwestern von einer Hauslehrerin unterrichtet. Dann entscheiden die Eltern, den elfjährigen Adam auf das Friedrich-Gymnasium nach Kassel zu schicken. Die Trennung fällt ihm schwer und er schreibt an seine Mutter:

 

»Ach wie gerne wäre ich mal eine Stunde bei Euch allen. Ich denke sehr sehr sehr viel an Euch und freue mich so auf Pfingsten.«

 

— 23. April 1921

Studium

Im April 1927 beginnt Adam in München sein Jurastudium. Nach nur einem Semester wechselt er an die Universität Göttingen und tritt auf Wunsch des Vaters in eine Studentenverbindung, das Corps Saxonia, ein.

Student der Rechtswissenschaften in Göttingen, 1927/1928
Adam (links) während eines Verbindungstreffens des Corps Saxonia in Göttingen, 1928
Haus des Völkerbundrates in Genf, um 1928 | BArch, Bild 102-00678 / Georg Pahl

Im September 1928 reist der Neuzehnjährige auf Initiative seiner Mutter nach Genf, der Hauptstadt des Internationalismus nach dem Ersten Weltkrieg. Begeistert nimmt er an friedensaktivistischen Veranstaltungen teil und lernt unmittelbar die auf internationale Zusammenarbeit und Friedenserhalt setzenden Ideen und Persönlichkeiten kennen. Adam trifft auch den Ökumeniker Willem Visser’t Hooft, der später für ihn noch wichtig wird.

Der kosmopolitische Geist dieser Wochen inspiriert ihn nachhaltig: Sein Interesse an Politik erwacht. Er trifft neue Entscheidungen für sein Leben: Zuerst tritt er aus dem Corps Saxonia aus und absolviert ein mehrwöchiges Gasttrimester am Mansfield College in Oxford. Nach seiner Rückkehr wechselt Adam den Studienort und geht 1929 nach Berlin.

Als Studierender in Imshausen, um 1928
Berlin 1929 | BArch, Bild 183-R93426

Ein sozialdemokratischer Aktivist und Freund, Hans Gaidies, führt ihn in den »Sozialistischen Arbeitskreis« ein und nimmt ihn zu politischen Veranstaltungen mit. Damit öffnen sich für Adam von Trott neue Perspektiven auf die Gesellschaft: Er beschäftigt sich mit den Lebensverhältnissen der Arbeiterschaft und entwickelt Interesse an sozialistischen Ideen. Ihn beunruhigen die soziale Not, die wachsende Arbeitslosigkeit und die politische Destabilisierung angesichts der Weltwirtschaftskrise.

»Gestern war ich zu einem ›Ausspracheabend‹ über das Thema ›Arbeiter und Student‹, bei dem ich mich zu meinem Erstaunen ganz natürlich auf die Seite des ersteren gedrängt sah und so – besonders in der Eigenschaft eines ehemaligen Corpsstudenten – einiges Erstaunen erregte. Wie dem auch sei, glaube ich endlich hierin auf dem richtigen Wege zu sein und weiß es meinen Arbeiterfreunden zu danken.«

 

Brief an August von Trott, Juli 1929

Wahlplakat der SPD 1930 | BArch, Plak 002-037-029/ Karl Geiss

Für sein juristisches Referendarexamen kehrt er 1930 nach Göttingen zurück. Er lernt hier Miriam Dyer-Bennet kennen. Sie beginnen eine Beziehung und leben zusammen.

Für sein juristisches Referendarexamen kehrt er 1930 nach Göttingen zurück. Er lernt hier Miriam Dyer-Bennet kennen. Sie beginnen eine Beziehung und leben zusammen.

Adam und Miriam Dyer-Bennet in Göttingen, 1930
Nach der Promotion, August 1931

Adam von Trott wird am 18. Juli 1931 an der Universität Göttingen mit der Arbeit »Hegels Staatsphilosophie und das Internationale Recht« zum Dr. jur. promoviert. Anschließend geht er im Oktober 1931 als Rhodes-Stipendiat zurück nach Oxford.

Oxford

»Über dem politischen Wollen Deutschlands liegt ein dichter Nebelschwaden von verwirten Wünschen und Begriffen, mißverstandener Vergangenheit, unerkannter Gegenwart und aussichtsloser Zukunft, der vertrieben werden müßte.«

— Adam von Trott, 1931

Gruppenbild am Balliol College in Oxford (Adam unten, 2. v. l.), 1931

»Man kann im Leben nur zweierlei Bestätigung erwarten – die von aussen und die von Innen – die erstere ist gefährlich und führt wenn sie mehr als ein Trost ist unweigerlich auf Abwege – die letzte ist Wahrheit und unversiegliche Kraftquelle.«

— Adam von Trott, 1931

Vor dem New College in Oxford, 1931

Adam von Trott kann 1931 die Auswahljury der Rhodes-Stiftung von sich überzeugen. Als ihr Stipendiat geht er – diesmal für zwei Jahre – wieder nach Oxford und studiert am Balliol College die Modern Greats: Philosophie, Politik und Ökonomie. Er arbeitet viel und ehrgeizig, gleichzeitig engagiert er sich in zahlreichen politischen und philosophischen Clubs, hält Vorträge und genießt die diskussionsfreudige Atmosphäre Oxfords. Er begeistert sich nachhaltig für die lebhafte politische Kultur Großbritanniens und die Labour-Party, die zwischen 1929 und 1931 die Regierung stellt.

»Im Grunde ist jeder ehrliche Humanist auch Sozialist.«

— Adam von Trott, 1931

Ein besonderes Erlebnis hat Adam von Trott bereits kurz nach seiner Ankunft in Oxford: Am 24. Oktober 1931 kann er an einer Diskussionsveranstaltung mit Mahatma Gandhi im Rhodes House teilnehmen. Gandhis gewaltfreie und zivile Widerstandsbewegung gegen die britische Kolonialherrschaft in Indien beeindruckt Trott nachhaltig.

Das Foto der Veranstaltung zeigt in der Mitte Gandhi auf dem Podium. Trott fertigt eine Bildunterschrift an und verzeichnet seine Position in der vordersten Reihe links.

Foto und Zeichnung, Oktober 1931
Kalender 1931

In dieser Zeit gewinnt er viele neue Bekannte und schließt Freundschaften u. a. mit den Studierenden Diana Hubback, Shiela Grant Duff und David Astor sowie dem Labour-Politiker Sir Stafford Cripps.

Adam und Diana Hubback in Karlsruhe, 1934
Mit Sheila Grant Duff, 1934

Obwohl er auch von Oxford aus die wirtschaftliche und politische Krise in Deutschland sorgenvoll und aufmerksam beobachtet, schockiert ihn die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933. Unermüdlich tritt er jeglicher Gleichstellung zwischen nationalsozialistisch und deutsch entgegen, auch unter seinen Bekannten. Da er sein Examen nicht »first class«, sondern mit gut (»second class«) abschließt, hält er es für zwecklos, ein akademisches Fellowship in Oxford anzustreben und entschließt sich zur Rückkehr nach Deutschland, um seinen unterbrochenen Referendardienst fortzusetzen. Betrübt ahnt er, dass viele freundschaftliche Kontakte durch die politische Belastung in Europa zerbrechen werden.

Adam und David Astor in Cliveden bei London, Juni 1939

Clarita

»Ich werde mich sehr wahrscheinlich demnächst
mit Clarita Tiefenbacher verloben. Ich glaube, daß ich sie, soweit das heute überhaupt möglich ist, glücklich machen kann und sie in Beziehung steht zu dem Besten, was ich in mir finde. Sie versteht, was mir im Leben am wichtigsten ist, und wird mir helfen, darum zu kämpfen.« So macht Adam von Trott seine Mutter im April 1940 mit seinen Heiratsplänen bekannt. Im Sommer zuvor hatte er Clarita Tiefenbacher in Berlin kennengelernt.

Adam und Clarita in Imshausen, Mai 1940
Clarita, um 1943

Clarita wird am 19. September 1917 in Hamburg geboren. Nach ihrem Abitur folgen Auslandsaufenthalte und ein Landjahr auf einem Obstgut; ein Studium findet ihr Vater, ein Rechtsanwalt, für Frauen nicht geeignet. Clarita lernt Adam von Beginn an als Regimegegner kennen. Sie verbringen den Sommer 1939 miteinander, geeint auch in der Gegnerschaft zum Nationalsozialismus. Im April 1940 entscheiden sie sich zu heiraten.

Mit Tochter Verena in Berlin, März 1942

Adam mit seiner Tochter Verena in Berlin, September 1942

Clarita mit den Töchtern Clarita und Verena,
März / April 1944

Das Paar findet eine Wohnung in Berlin-Dahlem und erlebt privates Glück in einer Zeit, in der Adam sich im Widerstand gegen den Nationalsozialismus täglich in Lebensgefahr begibt. Clarita unterstützt die Widerstandsarbeit Adams, ist zu ihrem Schutz aber nicht in Details eingeweiht. 1942 und 1943 kommen ihre Kinder Verena und Clarita zur Welt.

Imshausen, Mai 1944
Familienbild in Imshausen, Mai 1944

Nach dem Krieg studiert Clarita von Trott Medizin und schließt mit der Promotion ab. Sie wird Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie und lässt sich schließlich als Psychoanalytikerin in Berlin nieder.

Clarita mit den Kindern in Caux, Schweiz, 1946

Briefe

Adam hat lebenslang – trotz Unterschieden bezüglich Lebensweise und Einstellungen – eine vertrauensvolle, herzliche und stabile Beziehung zu seinen Eltern. In zahllosen Briefen erzählen sie sich ihren Alltag, tauschen Sorgen und Rat und diskutieren ihre verschiedenen Standpunkte. August von Trott unterstützt Adam während dessen Schul- und Studienzeit vorbehaltlos. Seinem Vater zuliebe entscheidet Adam sich für das Jurastudium und tritt in die Verbindung Corps Saxonia ein. Der Vater nimmt lebhaften Anteil am Studium seines Sohnes. Mit zunehmender Selbständigkeit des Sohnes treten politische Differenzen zwischen ihnen hervor, über die sie offen schreiben und – ohne dass es ihr Verhältnis trübt – diskutieren.

Adam und August von Trott, um 1929
Adam und Eleonore von Trott, um 1934

Eleonore von Trott ist Adams enge Vertraute. Von Anfang an hat sie großes Zutrauen in ihren Sohn. In ihren Briefen tauschen sie sich auf Augenhöhe aus. Sie teilen die Leidenschaft für die Literatur und das Reisen. Beide betonen stets die Bedeutsamkeit von sozialer Verantwortung als Richtschnur des Handelns. Adam folgt seiner Mutter aber nicht in ihrer tiefen Religiosität.

Während seiner Kasseler Schulzeit wohnt Adam bei einer Pfarrersfamilie. Er fühlt sich dort nicht wohl. Seiner Mutter gegenüber kritisiert er die Haltung des Pfarrers und erläutert seine eigene Position:

Brief des elfjährigen Adam an seine Mutter, 8. Mai 1921

»Eine Frage will ich Dir schreiben, dass Du sie Dir überlegst und sie mir beantwortest (…) Ich kann die Art des Christentums, die der Herr Pf.[arrer] hat, nicht verstehen, dieses sozusagen Zittern und Beben. Wir sollen mutig sein, nicht immer gleich beten und beten (es klingt wie ein Winseln), sondern es durch Taten gutzumachen suchen. Es steht in der Bibel: ›Uns ist nicht gegeben ein knechtischer Geist, dass wir uns
abermal fürchten sollen!‹ Luther, Arndt sind solche, die nicht immer in dieser Hinsicht knechtischen Geist zeigen. Auch kann ich nicht leiden, wenn die Kirche indirekt Zwang ist. Nun bitte versteh mich nicht falsch, sondern denke Dich in mich hinein. Diese Gedanken beschäftigen mich sehr oft, wenn der Herr Pfarrer betet.«

Eleonore von Trott an ihren Sohn, 22. August 1923

»Es wird mir doch immer schwerer, Dich so weit fort zu wissen und Dich nur so selten zu sehen.«

»Du weißt, daß meine Gedanken immer bei Dir sind und wie sehr ich hoffe, daß Du mit Gottes Hilfe ein Mann wirst, der auch gegen den Strom schwimmen kann (…) Lies gute Bücher, die geben oft Kraft und sei stark, im rechten Moment nein zu sagen!«

Adam eckt in seiner Schulzeit in Hannoversch Münden gelegentlich mit der pädagogischen Aufsicht des Alumnats, dem »Inspektor«, an. Der Vater reagiert verständnisvoll und ermutigend:

August von Trott an seinen 15-jährigen Sohn, 23. Februar 1925

»Du hast ein sehr feines Gefühl und bist leicht verletzt, denkst aber zu wenig daran, daß es bei anderen ebenso sein kann.«

»Gerade wenn Du den Herrn Inspektor nicht leiden magst, solltest Du peinlich vermeiden, ihm berechtigten Grund zum Tadel zu geben, damit Du ihm gegenüber nicht ins Unrecht kommst.«

 

»Daß Du jetzt Dich so wenig glücklich fühlst, tut mir sehr …

… leid. Aber Du mußt jetzt als tapferer Junge durchhalten und darfst die Flinte nicht in’s Korn werfen. Per aspera ad astra.«

 

»Du hast keinen besseren Freund auf der Welt wie mich, und wenn ich Dich tadele, tue ich es, weil ich Dich lieb habe und dazu beitragen möchte, daß Du ein tüchtiger und anständiger Mann, ein echter Edelmann wirst.«

Adam von Trott an seinen Vater, 18. März 1931

»Ich glaube, daß ich genügend von Dir geerbt habe, um nie ganz den Mut zu verlieren, und dein Interesse und Vertrauen sind eine Hilfe, die
ich nicht entbehren möchte.«

Adam von Trott an seine Mutter, 14. August 1930

»Meine liebe Mutter, Es hinterließ eine gewisse Beklemmung bei mir, gesehen zu haben, dass Du bei unserem Abschied in Bebra trauriger, ja besorgter aussahst«.

Dazu erschwert der Umstand, dass ich mich sehr änderte und Ihr Euch weniger. Und diese Veränderungen erscheinen weniger real in Imshausen als der alte, unfriedliche, eingebrannte Zustand. Wie kann ich von Euch verlangen, daß Ihr Euer Verhältnis mit jeder Veränderung und jedem Fortschritt meinerseits verschiebt? «

Eleonore von Trott an Adam, 16. August 1930

Mein lieber Adam,
Ich sehe und freue mich darüber, dass Du Dich in den letzten zwei Jahren sehr verändert hast – ich würde sagen: entwickelt. Ich weiß, daß wir mehr als Du glaubst übereinstimmen. Wir haben beide, neben gutem deutschen Blut, etwas von den Bekämpfern der Sklaverei in Amerika geerbt.